Stabilität und Leichtigkeit im Leben
Der indische Weise Patanjali beschreibt in seinen über zweitausend Jahre alten Yoga Sutren einen Zustand gleichsamer Stabilität und Leichtigkeit – Sthira und Sukha. Wenn wir Yoga üben, können wir diesen Zustand in uns entdecken und auf andere Lebensbereiche ausweiten.
Das Sanskrit Wort Sthira bedeutet Stabilität, Festigkeit, bewegungslose Ruhe. Stabilität kann bedeuten, mit beiden Füßen fest im Leben zu stehen und dich sicher aufgehoben im Leben zu fühlen. Stabilität gibt dir Erdung, Balance und lässt dich in deine innere Mitte finden. Auch Entschlossenheit und innere Kraft sind Ausdruck einer gesunden Stabilität im Leben. Stabilität geht ebenso einher mit Beständigkeit. Auf mentaler Ebene hilft sie uns, unseren Fokus beständig auf das auszurichten, was wir anstreben.
Sukha bedeutet so viel wie Leichtigkeit, Flexibilität, auch spielerische Freude. Mit der Sukha Qualität gehen wir spielerisch neugierig und freudvoll durch das Leben. Leichtigkeit lässt uns auch mal vom Boden abheben, erlaubt uns neue Perspektiven einzunehmen. Durch Leichtigkeit und Flexibilität können wir uns an die unterschiedlichsten Gegebenheiten und Situationen anpassen. Durch Sukha können wir uns, weich und fließend, in die Magie des Lebens ausdehnen.
So wie Sonne und Mond Polaritäten sind, die sich gegenseitig bedingen, sind dies auch Sthira und Sukha – Stabilität und Leichtigkeit. Wir brauchen von beiden das richtige Maß in unserem Leben, um uns wohl zu fühlen, körperlich, geistig und seelisch gesund und glücklich zu sein.
Sthira und Sukha auf der Yogamatte entdecken
Auf der Yogamatte können wir wunderbar die Qualitäten von Sthira und Sukha entdecken. Sthira – die Stabilität ist deine Basis, das Fundament jeder Körperhaltung (Asana). Eine gute Stabilität hilft dir, dich gesund in einem Asana auszurichten und gelenkschonend zu üben. Stabilität in deinem Körper baust du durch gezielte Aktivierung deiner Muskulatur auf. Ein Beispiel dafür sind die aktive Erdung deiner Füße sowie aktive Beine und Körpermitte in der gestreckten Berghaltung Urdhva Hastasana. Begleitet wird die Haltung deines Körpers von der Beständigkeit deines inneren, mentalen Fokus.
Sukha – die Leichtigkeit führt dich in wunderbares Wohlgefühl. Indem du dir erlaubst loszulassen, alles Unnötige nicht mehr festzuhalten, fühlst du dich innerlich leicht, frei und mit dem Leben fließend. In Urdhva Hastasana, der gestreckten Berghaltung, kannst du dies zum Beispiel spüren, wenn du einatmend dein Brustbein hebst, dein Herz freudvoll öffnest und dabei deine Schultern weich und wohlig nach unten sinken lässt. In der Sukha Qualität ist dein Geist wach, neugierig und wertungsfrei beobachtend.
sthira – sukham asanam „Die (Körper)Haltung soll fest, stabil und dennoch entspannt sein.“ Schreibt Patanjali in seinem Sutra 2.46
Wenn wir nun die Qualitäten Sthira und Sukha verbinden, erleben wir uns in einem Zustand welcher Stabiliät, Erdung und das Gefühl von Sicherheit mit innerer Leichtigkeit, Lebensfreude, vertrauensvoller Hingabe und Wohlgefühl vereint. Wir sind fest gegründet, mit klarem Fokus und dennoch weich, anpassungsfähig und ohne Anhaften. In dieser Verbindung erfahren wir Balance und Harmonie. Wie ein Grashalm, der fest mit seinen Wurzeln in der Erde verankert ist und sich weich, leicht und anpassungsfähig mit dem Wind bewegt.
In der Asana Praxis bedeutet dies, genau die Körperbereiche zu aktivieren, die es für ausreichend Stabilität braucht und alle anderen entspannt, leicht und frei werden zu lassen. Ein ausgeglichenes Verhältnis von Sthira und Sukha ist die Voraussetzung für einen harmonisch balancierten Körper und Geist.
Urdhva Hastasana – die gestreckte Berghaltung
Balance und Lebensfreude
Im Leben und auch auf der Yogamatte kommt es nicht selten vor, dass wir ein zu viel an Sthira (Festigkeit) verkörpern. Durch Stress aufgrund von Leistungsansprüchen oder Sorgen, werden wir innerlich zu fest oder sogar starr. Dadurch schränken wir uns sowohl in unserer körperlichen Flexibilität als auch in der Fähigkeit offen, neugierig und lebensfroh zu sein ein.
Wer kennt sie nicht, die hochgezogenen Schultern, das verkrampfte Gesicht und die zusammengebissenen Zähne. Auf der Yogamatte können wir lernen trotz Anstrengung eine innere Leichtigkeit entstehen zu lassen. Und wir können lernen, Nein zu unnötigen Leistungsansprüchen an uns selbst zu sagen. Im Üben erfahren wir, dass wir es selbst in der Hand haben unsere Balance und Lebensfreude durch ein ausgeglichenes Verhältnis von Sthira und Sukha zu erhalten.